In dieser Rubrik sind Schnuppergeschichten! Darf kopiert, weitergeleitet, abgedruckt, verfilmt werden, etc. Es muss nur dabeistehen, dass es von Louis Leck ist! www.louis-leck.de

DER ZIPFELKLATSCHER VOM KÖNIGSSEE

 

Den Sepp kannte ich schon als kleiner Bub. Er war Friseur gewesen, passenderweise schon in jungen Jahren mit einer Beinahe-Glatze. Zeit seines Lebens war er ein Einzelgänger geblieben. Sehr nett, aber irgendwie etwas kauzig. Obwohl es 40 Jahre her ist, erinnere ich mich noch an die orange-braunen Tapeten der 70er Jahre im alten Friseursalon. Und daran, wie sich mein Vater schämte, als ich ihn im Alter von 5 oder 6 Jahren mit der bayrisch-abwertenden Berufsbezeichnung „Boderwaschl“ angesprochen hatte: „Schaug amoi Herr Boderwaschl, wos ma da Osterhos füa a scheene Uhr g`schenkt hod!“

 

Jetzt war Sepp mindestens 80 Jahre alt, glatzköpfig, und schwer dement. Klar sprechen konnte er auch nicht mehr. Da er des Öfteren seinen Heimweg vergaß, oder merkwürdige Szenen heraufbeschwor, trug er stets ein Schreiben seines Arztes in der Hosentasche. Fast jeden Tag bereicherte er sein Leben mit Ausflügen. Das ging problemlos, obwohl er weite Strecken in einem zusammenklappbaren Rollstuhl zurücklegen musste. So auch an diesem Tag!

 

Von seiner Wohnung nahe der Bobbahn startete er mit seinem fahrbaren Untersatz, und rollte hinüber zum Königssee. Für die Verschnaufpausen zwischendurch hatte er stets seine Zigaretten dabei. Da seine Bewegungsfähigkeit eingeschränkt war, legt er das Feuerzeug bequemerweise auf die Sitzfläche zwischen seinen Beinen. Nahe der Bushaltestelle stoppte er seinen Ferrari für die erste Rauchpause. Die Zigarette hatte er schnell im Mund, nur das Feuerzeug war durch das Rütteln während der Fahrt verrutscht. Er suchte unter dem linken Bein, er suchte unter dem rechten Bein. Er suchte zwischen den Beinen und wurde zunehmend unruhig. Immer hilfloser kramte er nun mit beiden Händen nach dem blöden Feuerzeug, das hier irgendwo unter seinem Hintern sein musste!

 

Plötzlich vernahm er die kreischende Stimme einer Oma, die in der Traube an der Bushaltestelle stand: „Hä Sie da, fummeln Sie da vielleicht an Ihrem Ding rum??“

Sofort wendeten alle Wartenden ihre Blicke auf diesen schamlosen alten Mann. Sepp schoss das Blut in den Kopf. Noch hektischer fuchtelte er nun herum, und wollte sich äußern. Die Menge verstand jedoch nur ein Genuschel, etwas von „Zeug“ und ob man ihm helfen könne. Weiteres übertönte der kommende Bus, in den die Fahrgäste kopfschüttelnd einstiegen. Sepp rollte friedlich von Dannen, während die Meute im Bus sich weiter echauffierte, und 3 Kilometer später aufgeheizt dem Transportmittel entstieg.

 

Die letzten Meter zum Königssee waren sehr anstrengend mit dem Rollstuhl. Sepps Arme wurden schwer, denn es ging ein Stück bergauf. Schließlich schaffte er es. Das ersehnte Boot auf den Königssee war nur noch wenige hundert Meter entfernt. Vor dem langen Ausflug mit dem Elektro-Glasboot auf dem See wollte er lieber noch einmal zum Pinkeln gehen. Wer weiß, ob die auf dem Boot überhaupt Toiletten haben! Er stand mühsam auf, klappte seinen Rollstuhl zusammen, befestigte ihn mit einer Kette an einem Baum, und verrichtete schließlich sein kleines Geschäft. Die letzten Meter zum Schiff ging er zu Fuß. Er hatte an alles gedacht. Den Rollstuhl sicher zu parken, an den Geldbeutel, und sogar an das Feuerzeug. Nur leider nicht an den Reißverschluss nach seiner Pinkelpause. Das Hosentürl stand offen, und zu allem Überfluss hing auch noch der kleine Seppl heraus! Er hatte es ganz einfach vergessen, und bemerkte es nicht. An der höher gelegenen Kasse fiel es ebenfalls nicht auf, auch nicht in der Warteschlange. Als Letzter stand der arme Sepp in der Schlange, als Letzter betrat er das Boot, das bereits abzulegen begann, als er an Bord ging. Endlich war er auf dem See, dem schönsten See Deutschlands, dem Königssee! Von majestätisch hohen Bergen eingerahmt, schimmerte der See wie ein Fjord. Sepps Herz klopfte laut vor Freude, und aus tiefstem Inneren folgte der dem Ruf das Watzmanns und stieß einen Königsjodler aus tiefster Seele. Während die meisten Fahrgäste schon saßen, stand er vorne am Bug, breitete seine Arme aus, und jodelte zwar falsch aber mit voller Kraft: „Jah-hu-hu, auffe aufn Berg, na konnst mi hom, sprach die Gailtalerin!“

 

Sepp gehörte die volle Aufmerksamkeit, denn außer seinem Gesang war nichts zu hören, auch der Elektromotor des Bootes surrte lautlos. Nur das Echo von den Bergwänden erschallte: „... Gailtalerin“. Doch statt eines tönenden Applauses herrschte sprachlose Stille. Bedrückende Stille. Angespannte Stille. Alle starrten ihn mit offenem Mund an, während sein Seppl vor ihren Nasen baumelte. Die Oma von der Bushaltestelle erkannte ihn sofort: „Den kenn i, des is da Zipfeklatscher von der Bushaltestelle!“

 

Sepp erkannte die Oma nicht, wie auch, es waren einfach zu viele Leute im Boot. Statt dessen fiel ihm die markante Bergspitze ins Auge, zufällig genau hinter der Oma, und wies die Fahrgäste darauf hin: „Des do hint is de „Schlafende Hexe“!“, und deutete dabei nach hinten. Die Menge war wie erstarrt angesichts solcher Unverschämtheit. Bis eine Mutter aus der letzten Reihe nach vorne schrie: „Sie Kinderschänder!“

 

In diesem Augenblick explodierte die geladene Spannung auf dem Boot, das sich mittlerweile einige hundert Meter vom Ufer entfernt befand. Als erste stürzte sich die Oma auf ihn. Obwohl sie fünf Sitzreihen Anlauf nehmen musste, war sie zuerst bei ihm, samt ihrem Regenschirm. Peng, Peng, Peng, hagelte der schwere schwarze Schirm auf Sepp nieder. Eine junge Frau in der ersten Reihe kam zu Hilfe. Sie hatte ein Pfefferspray in der Handtasche, genau für so einem Fall, wenn ihr einmal so ein Exhibitionist über den Weg laufen würde! Der alte Mann schützte sich gegen die Schläge auf den Kopf, und windete sich verzweifelt, um dem Pfefferspray in den Augen zu entkommen. Er konnte nicht sprechen, war zu aufgeregt. Was wollten die von ihm? Darf man hier etwa nicht jodeln? Sollte er schnell seinen Ausweis vom Arzt vorzeigen?

 

Doch mehrere Arme hielten ihn fest, er kam nicht heran. Statt dessen schrien und kreischten 30 Leute, und versuchten den Schwerverbrecher zu überwältigen. Der wehrte sich verzweifelt und kämpfte um sein Leben. In Panik entwickelte er unendliche Kräfte. Noch einmal gelang es ihm, sich loszureißen. Jetzt stand er ganz vorne am Bug, wie auf der Titanic. Mit weit aufgerissenen Augen starrte das Monster die aufgebrachte Meute an. In diesem Augenblick näherte sich unbemerkt der Kapitän von der Seite – mit einem Elektroschocker in der Hand!

Bzzz! Bzzz! Sepp schrie auf, zappelte wie verrückt. Seine Arme zuckten wie wild, Schaum quoll aus seinem Mund, auch seine Beine verloren jede Kontrolle. Wie auf Stelzen stakte er drei Schritte, knallte gegen die niedrige Reling, und fiel über Bord. Lautlos platschte er ins Wasser, und versank sofort. In einem letzten Sonnenstrahl blitzte einmal noch sein kahles Haupt auf, dann war er verschwunden.

 

Seitdem erzählt man sich in den bayrischen Bergen die Gruselgeschichte „Der Zipfelklatscher vom Königssee“. Und läuten die Glocken von Sankt Bartholomä, dann leuchten auch Sepps Glocken vom Grund am Sää ...

 

Entstanden in der Raucherhütte der Reha-Klinik Bad Heilbrunn im Dezember 2014. Mit herzlichem Dank an alle kranken Raucher und Raucherinnen!

 

Eine Geschichte von Louis Leck

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ZEUGNIS FÜR HERRN LECK

 

Herr Louis Leck, geb. am 11.11.1966, war seit dem 01.01.1987 bei uns beschäftigt. Also so lange, dass er uns zu teuer wurde, um ihn wieder loszuwerden. Dies war am 31.12.2010 endlich der Fall!

 

Seine Anstellung startete als Kloputzer zur Aushilfe. Nachdem er seine Konkurrentin aus der Firma geekelt hatte, gaben wir ihm bedauerlicherweise eine Festanstellung. Entsprechend seiner Fähigkeiten ließ sich sein Arbeitsgebiet maximal auf das Waschbecken und teilweise auf den Boden erweitern. Herr L. wurde in den Folgejahren als Hausdepp auch mit weiteren Aufgaben betraut, die aber nicht erwähnenswert sind, zumal er sie ohnehin nicht ausführte.

 

Nach einer Erweiterung des Unternehmens im Jahr 2002 wurde Herrn L. durch einen Computerfehler die Leitung Sanitär übertragen. Ihm wurden zwei weibliche Hilfskräfte zugeordnet, um die er sich intensiv kümmerte, meist von hinten. In den weiteren Jahren verselbständigte sich der Bereich Sanitär und entzog sich völlig der Kontrolle des Unternehmens.

 

Herr L. war chronisch überfordert, unzuverlässig, und stinkend faul. Er hält außerdem den einsamen Firmenrekord an Krankheitstagen. Er setzte die ihm zur Verfügung gestellten Putzmittel weder effizient noch zielgerichtet ein, meist überhaupt nicht. Es stellte sich heraus, dass Herr L. nach über 20 Jahren nicht einmal wusste, wo die sanitären Räume eigentlich sind! Wenn sich Herr L. unbeobachtet fühlte, ratschte er hemmungslos auf dem Gang, sofern er nach dem täglichen Genuss einer Flasche Wodka überhaupt noch reden konnte. Er veruntreute Klopapier, Putzmittel, Kaffee, und alles andere, was nicht angeschraubt werden konnte.

 

Wir können Herrn L. eindeutig null Einsatz, null Eigeninitiative, ausgesprochene Hinterhältigkeit, Planlosigkeit, und einen Intelligenzquotienten unterhalb des Kloschüsselrandes bescheinigen.

 

Seine Kollegen hassten ihn auf Grund seines asozialen Verhaltens, das er durch Rücksichtslosigkeit, derben Humor, und gewalttätige Wutausbrüche im Vollrausch unterstrich. Kunden verließen nach dem Besuch der sanitären Räume oft schreiend das Haus. Gegenüber Vorgesetzten wusste er sich stets innerhalb nicht nachweisbarer Parameter zu bewegen. Vor dem Arbeitsgericht konnten ihm seine Verstöße wegen Veruntreuung, mutwilliger Zerstörung, sexueller Belästigung, Körperverletzung, und Trunkenheit am Arbeitsplatz leider nie nachgewiesen werden.

 

Eine Leistungsbeurteilung ist leider nicht möglich. Nachdem Herr L. keinerlei Leistungen erbracht hat, können wir diese auch nicht beurteilen.

 

Da er außer Kosten nichts bewegt hat, trägt er einen wesentlichen Anteil am Untergang unseres Unternehmens. Besonders erwähnen möchten wir in diesem Zusammenhang einen Vorfall gegenüber unserem größten Kunden, den Herr L. aus dem Haus warf mit den Worten, er solle sich scheren und ihm nicht die Bude vollscheißen.

 

Wir sind außerordentlich glücklich, dass dieser ARSCH dem öffentlichen Druck nachgegeben und endlich von selbst gekündigt hat, nachdem ihm Kollegen, Kunden, und Lieferanten die Autoreifen aufgeschlitzt haben, seine Fensterscheiben eingeworfen haben, seinen Hund vergiftet haben, seine Bäume mit Säure verätzt haben, seinen Keller voll Wasser gepumpt haben, und seiner Ehefrau kopierte Belege über Puffbesuche zugestellt haben.

 

Für seinen weiteren Lebensweg wünschen wir Herrn Leck, dass dieser Weg möglichst kurz sein möge!

 

München, 31.12.2010

 

Andreas-Michael Ende

A.M. Ende

Größter Chef aller Zeiten

 

Eine Geschichte von Louis Leck

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DIE BIERDIMPFEL VOM FINANZAMT

 

Es war ein glutheißer Spätsommertag. Eigentlich war es schon tief im September, das Wies´n-Eröffnungs-Wochenende! Gleißend hell biss die Sonne in die Augen. Schon um 11:00 Uhr war es drückend, nur im Schatten war es noch auszuhalten. Als ich auf dem Weg zum See mitten in der Liegewiese einen frei stehenden Kastanienbaum entdeckte, steuerte ich zielstrebig darauf zu. Auf der Rückseite des ausgewachsenen Riesenbaumes war ein Tisch mit zwei Bänken, perfekt im Schatten. Diese waren von einem Trupp fesch bekleideter Ur-Bayern belegt, alle in den 20ern. Fast wollte ich vor dem allzu lauten Gegröle schon abdrehen, als einer der Burschen mir zuwinkte und lallte: „Servus, kumm umme, setz di her und sauf a Bier mit uns!“

 

Gerne gesellte ich mich zu den 4 Typen, einem Pärchen, und einem Madl. Allesamt, früh um 11:00 Uhr, waren sie schwerstens angetrunken. Das erste Tragl Bier war bereits leer, auch im zweiten klafften sichtbare Lücken. „Plopp“, schon wurde mir eine Bottel zur Begrüßung in die Hand gedrückt:

„Servus, mia san de Bierdipfe vom Finanzamt! Prost, g´suffa!“

Tatsächlich arbeiteten alle, bis auf die Freundin des Typen mir gegenüber und das andere Mädel, beim Finanzamt. Als Wies´n Warm-up hatten sie sich vormittags warmgetankt. Nach ein bisserl Dösen am See sollte es aufs Oktoberfest nach München gehen.

 

Danach sah es nicht aus, denn einer konnte ohne Hilfe kaum mehr gerade sitzen. Die Freundin des Typen gegenüber, eindeutig die Nüchternste, war not amused. Kaum war mein erstes Bier leer, gab der Typ seiner drängenden Freundin nach, und die beiden verschwanden. Der Rest der Truppe war umso lustiger. Derbe Witze und grölendes Gelächter und drei Bier später gehörte ich schon fast mit dazu. Das Mädel am anderen Ende des Tisches, recht trinkfest, merkte irgendwann an, dass sie hier auch nicht dazugehöre. Kaum 30 Minuten vor mir hatten die Jungs sie ebenso eingeladen wie mich:

„Madl, hock di her und trink a Bier mit uns!“

Jetzt war sie mittendrin im Finanzamt-Saufgelage! Sogar richtig mittendrin statt nur dabei, denn nun begann sie, mit dem Redeführer herumzuknutschen. Er war der jüngste, lauteste, lustigste, und wohl auch der fescheste Jüngling in diese Runde. Aber leider auch der Besoffenste. Keine fünf Knutschminuten später stand er auf, und torkelte die wenigen Meter zum Kastanienbaum, um ihn mit durchgelaufenem Bier zu begießen. Keine zwei Knutschminuten später schwankte er mit noch schwerfälligeren Schritten erneut zum Kastanienbaum. Das eindeutige Ende der Knutscherei besiegelten seine Worte: „Scheiße, ich muss kotzen!“

Das gute Madl drehte sich schulterzuckend ab, der Kotztyp war aus dem Rennen. Anschließend legte er sich neben uns mit weit ausgebreiteten Armen – wie frisch gekreuzigt – in die Wiese. Sofort schnarchte er los, der Oktoberfesttag war für ihn beendet. Wie auch die Gelegenheit auf Liebe und Triebe.

 

Anscheinend hatte ich zu lange auf den Schnarcher geschaut und einem Übergang verpasst. Denn als ich meinen Kopf in die Runde zurückdrehte, knutschte der Typ neben mir mit der Tante in blau herum. Die beiden anderen Finanzamt-Azubis blickten ein wenig betrübt in die Gegend, da sie leer ausgingen. Mich kratzte es nicht, ich bin für so einen Scheiß eh schon zu alt!

 

Auch nicht, als das neue Paar nach nur kurzem Zungentasten aufstand, und das nächstliegende Gebüsch ansteuerte.

„So schnell kann´s gehen“, kommentierte der etwas schüchterne Bursch mir gegenüber, ein wenig bedröppelt. Die Stimmung rutschte in den Keller, die armen Buben mussten in die Röhre schauen. Dort konnten sie sich ausmalen, was eben im Gebüsch passierte. Kein Witz erschallte mehr, es wurde deutlich ruhiger. Nur zwei „Prost“ später schaute einer der beiden plötzlich auf.

„Oh, die kommen ja schon wieder zurück!“

Der zweite merkte an:

„Wenn sie jetzt schon wiederkommen, sind sie noch nicht gekommen!“

Und als sich das junge Paar schweigend zu uns setzte, setzte ich noch einen Spruch drauf:

„Na, das war aber ein Super-Quickie!“

Frech grinste das Madl in den weiten Rund des Biertisches:

„Es sind ja andere auch noch da!!“

 

Eine fast wahre Geschichte … Ein Prosit der Gemütlichkeit!

 

Eine Geschichte von Louis Leck

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